Meinung Dollar-Dämmerung
Die Zukunft des Währungssystems wird in Washington entschieden
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Immer mehr Länder stellen sich gegen den US-Dollar und wollen dessen Hegemonie in der Welt beenden. Die Chance, dass der Euro seine Rolle einnehmen könnte, habe Europa jedoch verspielt, sagt der Ökonom Gunther Schnabl. Wenn überhaupt, dann sieht er nur einen möglichen Ersatz.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat jüngst die privilegierte Rolle des US-Dollars im Weltwährungssystem beklagt. Da sehr viele Transaktionen auf den internationalen Güter-, Rohstoff- und Finanzmärkten in Dollar abgewickelt werden, stabilisieren die meisten Länder außerhalb Europas ihren Wechselkurs gegenüber dem Dollar.
Sie halten deshalb beträchtliche Dollarreserven, die den USA zusätzliche Staatsausgaben ermöglichen, einschließlich einer kostspieligen Armee. Durch Inflation können die USA ihre internationale Verschuldung entwerten. Der französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing sprach einst von einem exorbitanten Privileg.
Das ist historisch begründet. Die USA rückten 1944 als politischer und wirtschaftlicher Sieger des Zweiten Weltkriegs den Dollar ins Zentrum der neuen internationalen Währungsordnung (Bretton-Woods-System), so dass die Länder Westeuropas fortan ihre Wechselkurse gegenüber dem Dollar stabilisieren mussten.
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Kursverfall der Leitwährung
Als ab der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre die USA den Vietnamkrieg mithilfe der Notenpresse finanzierten, kam der Dollar unter Abwertungsdruck. Die Zentralbanken Westeuropas mussten Dollar kaufen, sodass sie den Krieg mitfinanzierten. Als Charles de Gaulle Kriegsschiffe in die USA schickte, um die inflationären Dollars in Gold zu tauschen, hob US-Präsident Richard Nixon die Goldkonvertibilität des Dollars auf.
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Nachdem das Bretton-Woods-System 1973 zusammengebrochen war, stieg die harte Deutsche Mark anstatt des weichen französischen Francs zur Leitwährung in Europa auf. Frankreich wollte fortan mit einer gemeinsamen europäischen Währung nicht nur die währungspolitische Dominanz der Deutschen in Europa brechen, sondern auch die des Dollars im Rest der Welt. Deutschland soll schließlich sein Währungsprivileg für Frankreichs Zustimmung zur Wiedervereinigung aufgegeben haben.
Die Chancen des Euro, dem Dollar den globalen Leitwährungsstatus streitig zu machen, standen zunächst gut, da die Europäische Zentralbank (EZB) nach dem Vorbild der unabhängigen Deutschen Bundesbank in den europäischen Verträgen verankert wurde. Die Deutsche Mark hatte bereits Ende der 1970er-Jahre den Dollar ernsthaft bedroht, da sich die USA international aufgrund der anhaltenden Inflationspolitik der Fed in Deutscher Mark verschulden mussten.
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Ab den späten 1980er-Jahren tendierte die US-Zentralbank Fed dazu, in Finanzkrisen die Märkte mit Zinssenkungen und dem Ankauf von Staatsanleihen zu stabilisieren. Der hoch entwickelte Finanzmarkt der USA bildet den Rückhalt für die führende internationale Stellung des Dollar, weil andere Länder ihre immensen Dollarreserven gut im US-amerikanischen Finanzmarkt investieren können. Nur große, freie und maßvoll regulierte Kapitalmärkte ziehen viele Anleger an.
Doch bewirkte das billige Geld der Fed immer größere Boom-und-Krisen-Zyklen auf dem US-Finanzmarkt, die immer größere geldpolitische Rettungsaktionen der Fed erforderlich machten, sodass das internationale Vertrauen in den Dollar zu schwinden begann.
Der Euro konnte die einzigartige Chance, dem Dollar als Leitwährung den Rang abzulaufen, nicht nutzen, weil Frankreich zusammen mit anderen südlichen Euroländern den Umbau der EZB nach dem Vorbild der Banque de France vorantrieb.
Frankreich hat den Euro zur Weichwährung gemacht
Die Banque de France hatte vor Einführung des Euro maßgeblich zur Finanzierung der Staatsausgaben Frankreichs beigetragen. Die umfangreichen Staatsanleihekäufe der EZB unter Mario Draghi und Christine Lagarde haben den Euro zur Weichwährung gemacht, sodass heute weithin der chinesische Renminbi und nicht der Euro als großer Herausforderer des Dollars gilt.
Die von Frankreich nachdrücklich vorangetriebene Regulierung der EU-Finanzmärkte dürfte darüber hinaus einer der Gründe dafür gewesen sein, dass das Vereinigte Königreich die EU samt Londons hoch entwickelten Finanzmarkt verlassen hat. Während das Vereinigte Königreich seinen Finanzmarkt liberalisieren will, strebt die EU mit ihrer Taxonomie eine Kreditvergabe nach umwelt-, klima- und sozialpolitischen Vorgaben an.
Der Euro hat damit das gleiche Problem wie der Renminbi: politisch gesteuerte Finanzmärkte sind dem Status einer internationalen Währung nicht zuträglich. China sei ein Gefängnis, hat der prominente US-Ökonom Larry Summers dazu angemerkt.
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Damit dürfte die Zukunft des internationalen Währungssystems wieder in Washington entschieden werden. So wie Ende der 1970er-Jahre sind heute viele Länder wie China, Russland und Brasilien nicht mehr gewillt, durch den Kauf von US-Staatenanleihen die Kriege und die Finanzmarktstabilisierung der USA mitzufinanzieren.
Deshalb müsste der US-Zentralbankpräsident Jerome Powell wie sein Kollege Paul Volcker zu Beginn der 1980er-Jahre weiter entschlossen die Zinsen erhöhen, um das Vertrauen in den Dollar wiederherzustellen.
Hält die Fed den Zinserhöhungskurs hingegen nicht durch, beispielsweise weil sich die Bankenkrise ausweitet, dann könnte das Privileg verloren gehen. Auch dann stehen jedoch die Chancen für den Euro schlecht, weil die geplante Taxonomie bedrückend ist und auf eine Finanzkrise in den USA eine Finanz- und Schuldenkrise im Euroraum folgen dürfte.
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Vielmehr könnte die Stunde des vielfach totgesagten Bitcoins schlagen. Denn dieser wurde nicht zuletzt mit dem Ziel geschaffen, das exorbitante Privileg der USA und des Euroraums aus der Welt zu schaffen.
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Author: Stephanie Aguilar
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